Wie man mit beiden auf literarischen Wegen durch den Sommer kommt, beschreibt der Buchhändler unseres Vertrauens, Rudi Lindorfer.
„Wer nur ein Hirn hat und kein Herz, ist niemand“, so Ingeborg Bachmann in einem Interview zu Gerda Haller. Diese „Niemande“ in Politik und Religion, in Familie und Wirtschaft, behaupten zu wissen, was für das Gemeinwohl wichtig und richtig ist: Unser Außenministerium spricht Reisewarnungen nur in besonderen Krisensituationen aus. Für Afghanistan gilt die höchste Stufe: „Im ganzen Land besteht das Risiko von gewalttätigen Auseinandersetzungen, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen und kriminellen Übergriffen einschließlich Entführungen, Vergewaltigungen und bewaffneter Raubüberfälle.“
Doch das Innenministerium ist so beraten, dass der Krieg in diesem Land für Menschen, die aus diesem Land flüchten mussten, nicht existent ist, und Asylsuchende abgeschoben werden.
Wie Intoleranz und Fanatismus einem Staat zusetzen, führt Adwoa Badoe anhand von Ghana in „Aluta“ (Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2018, 224 Seiten, € 24,70) aus. 1981 putschte sich Jerry Rawlings an die Macht; drei RichterInnen werden ermordet, was die StudentInnen auf die Barrikaden treibt, und Charlotte, eine der SprecherInnen, in die Hände von Folterern. Badoe fängt in ihrem Roman sprachsicher die unterschiedlichsten Stimmungen ein, erzählt vom Alltag und vom Seminar eines charismatischen Professors mit Hirn, dem, wie sich herausstellt, das Herz fehlt.
Einen Mann mit großem Herz, Omar Chayyam, geboren 1048, Dichter, Philosoph, Hofastronom, Mathematiker, stellt Dzevad Karahasan in den Mittelpunkt seines geistreichen Romans „Der Trost des Nachthimmels“ (Suhrkamp TB, Berlin 2018, 722 Seiten, € 14,40). Darin schildert er den Untergang des blühenden, geistig vielfältigen Seldschukenreichs, das sich vor rund 800 bis 1.000 Jahren über Zentral-asien, die heutigen Staaten Iran, Irak, Syrien sowie Anatolien und Teile der Arabischen Halbinsel erstreckte. Es zerbricht an Hofintrigen, sozialen Spannungen und am religiösen Fundamentalismus.
Auf eine Empfehlung Franz Schuhs in der deutschen Wochenzeitung Die Zeit habe ich „Die Vereindeutigung der Welt“ (Reclam UB, Ditzinger 2018, 104 Seiten, € 6,20) von Thomas Bauer gelesen: „Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt“. Der Autor untersucht den fatalen Hang, Bedeutungsvielfalt zu verdrängen, sei es in Flora und Fauna oder in Kulturen, Religionen, Musik und Kunst. Nicht mehr das „Was“ zählt, sondern das „Wie“; ein Hirn-Buch, das man sich zu Herzen nehmen sollte, nicht nur in der Brusttasche.
Diese Bücher und noch viele mehr sind erhältlich auf: www.suedwind-buchwelt.at
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